Jede Menge Urlaub und Überstunden im Gepäck
startete ich Mitte Oktober vom Stuttgarter Flughafen in Richtung Johannesburg.
Drei Monate sollte ich dem tristen Deutschland den Rücken kehren.
Im Gepäck viele Motorrad-Ersatzteile für die anstehende Tour,
eine Menge Abenteuerlust und eine gehörige Portion Mut für
die anstehende Reise. Bisher hatte ich 22.000 Kilometer südliches
Afrika auf dem Tacho - genug, um in eine neue Region vorzustoßen.
Mit dem vollbeladenen Motorrad startete ich von Jo´burg aus nach
Norden. Ein Rückflugticket hatte ich bereits im Gepäck: Am 05.
Januar 1995 ging mein Flugzeug ab Nairobi zurück in die Heimat. Dazwischen
lag eine unvergessliche Zeit.
Mocambique hatte mich auf meiner letzten Reise derart in einen Bann
gezogen, dass ich die Eastern Highlands nebst Great Zimbabwe nur mit einer
Stipvisite beehrte. In Chimoio überquerte ich die Grenze und fuhr
hinüber zu den fantastischen Stränden des Indischen Ozeans. In
Vilanculos sollte ich eine ganze Woche bleiben. In Michael´s Bar
fand ich freie Kost und Logie. Meine Spanischkenntnisse steigerten seinen
Umsatz mit den dort stationierten UN-Truppen um ein Vielfaches und ich genoss
die Zeit mit Michael, der Musik von Eric Clapton, und vor allem mit seinen
beiden australischen Kellnerinnen. Zwischen den frei wählbaren Arbeitstagen
schipperte ich mit Einheimischen zu den vorgelagerten Bazaruto Islands.
Als im Land die ersten freien Wahlen nach dem Bürgerkrieg
begannen machte ich mich auf die Reise. Wahre Volksaufläufe auf
den Straßen begleiteten mich, neben ausgebrannten Panzern und zerstörten
Dörfern, nach Norden. Ich überquerte den Zambesi und auf verschlungenen
Pfaden erreichte ich die malawische Grenze. Als erster Tourist seit 20
Jahren, wie der Zollbeamte stolz versicherte.
Sportliche Fährmänner auf dem Zambezi
Die Tankstellen hatten kein Benzin. Mit dem letzten Liter
Sprit kam ich in Zomba an. Dort traf ich den deutschen Chef-Ingenieur eines
Fischfangprojektes und freundete mich mit diesem an. Er verhalf mir zu einer
fachgerechten Reparatur meines Rahmenträgerbruches und zu ein paar
Litern Sprit. Bedingt durch die staatliche Treibstoffverteuerung um nahezu
100 % kam es in diesen Tagen zu Engpässen an den Tankstellen. Ich erreichte
in Cape MacLear den Lake Malawi und quartierte mich auf dem örtlichen
Campsite direkt am Strand ein. In den folgenden zwei Wochen absolvierte
ich den Kurs für den Internationalen Tauschschein und avancierte in
der zweiten Woche zum "Advanced Diver", nachdem ich einen weiteren Kurs belegt
hatte. Das Tauchen hatte mich in einen Bann gezogen. Die Erkundung der Unterwasserwelt
des Malawisees, Partystimmung und nicht zuletzt das wohlschmeckende Carlsberg
Lager hielten mich für eine Weile an diesem Ort gefangen.
Ein Blick vor Ort in das heimische Aquarium
Stimmungsvolle Atmosphäre am Strand
Individualistencamping im Nationalpark
Mit der MS Illala ging es für zwei Tage über
den See nach Nkatha Bay. Von dort aus erklomm das Motorrad die 32 Kehren
hinauf nach Livingstonia, um für weitere Tage in milden Temperaturen
Quartier zu beziehen. In dem altehrwürdigen kolonialen Guesthouse
vor Ort fanden sich noch andere Traveller. Hier traf ich auf Laurens, seinerseits
Transafrika-Fahrer aus Freiburg, der mir auf einer der vielen Kehren den
Berg hinauf entgegenkam. Eine Freundschaft, die bis heute währt. Mein
Weg führte mich in den Nijika-Nationalpark, den ich mit dem Motorrad
durchquerte. Vorbei an Zebraherden fuhr ich weiter durch den Busch nach
Zambia, um im Lake Tanganjika mein erworbenes Taucherwissen zu erweitern.
In Mpulungu wartete ich vergebens eine Woche lang auf die Fähre nach
Burundi. Letztendlich scheiterte die Passage am horrenden Fahrpreis und
ich entschloss mich, zu Land hinüber nach Zanzibar zu fahren. Eine
weise Entscheidung, denn in Burundi hatte soeben ein neuer Bürgerkrieg
begonnen. Was ich erst Wochen später aus der Zeitung erfuhr.
In Dar es Salaam angekommen wurde das Motorrad auf einen Frachter
verladen. Schon 5 Stunden später betrat ich Zanzibar. Eine weitere
Woche mit Reggae und Tauschen schloss sich an, bis via Pemba und Tanga
das Festland wieder erreicht war. Am Fuße des Kilimanjaro verbrachte
ich eine weitere Woche in verschiedenen Nationalparks. Nach Serengeti und
Ngorongoro- Krater schloss sich ein Fahrtag hinüber nach Kenia an.
Bei "Ma Roche" in Nairobi fand ich Unterschlupf für die nächsten
Tage, ergänzte meine Vorräte und machte neue nette Bekanntschaften.
Verladung auf dem Weg auf das Eiland Zanzibar
Black-Velvet-Monkeys
auf der "Gewürz-Insel"
Von Nairobi aus führt der sogenannte East-Africa-Highway nach
Westen Richtung Uganda. Eine halbe Tagesreise nördlich von dort
findet sich ein weißer Fleck auf der Landkarte. Was erwartet mich,
wenn ich in Richtung Lake Turkana, oder auch Rudolphsee genannt, abbiege
? Wüste und Sand !! Ich konnte es kaum glauben. Mitten in Kenia
eine wirkliche Wüste. Begeistert verbrachte ich die nächsten
Tage an dem laugigen Meer und fuhr von dort auf sandig-staubigen Pisten
hinüber zum Mount Kenia.
Der Trockenheit folgte Regenzeit. Verschlammte Pisten, Stürze,
und jede Menge Ärger auf dem Weg nach Tiwi-Beach an der Ozeanküste.
Als Opfer eines Raubüberfalls fand ich mich auf dem Deutschen Konsulat
wieder. Erleichtert um 100 US-Dollar und all meine Dokumente und Tickets.
Aufgewogen wurde dieser Schaden durch eine Geschädigtenvernehmung
vor einem keniatischen Highcourt, wo einer der Täter binnen Tagen
rechtskräftig verurteilt wurde. Mit gemischten Gefühlen fuhr ich
hinüber nach Nairobi, wo ich ein neues Rückflugticket lösen
konnte.
Trockene Flussbetten machen Durst
Sturz nach einer übersehenen Bodenwelle
Inspektionsarbeiten in tropischer Umgebung
Adler beim Fischfang am Lake Naivasha
Der Urlaub war zuende. Ich landete im schmuddeligen
Deutschland und trat bereits tags darauf mein Studium an. Vorbei war die
Zeit des freien Lebens. Ab sofort hatte ich mich den Gesetzen der Hochschule
zu unterwerfen.