Ein letztes Mal besuchte ich meine Bekannten in der
Kapprovinz, wo das Motorrad lange Monate immer wieder sicher abgestellt werden
konnte. Ein letztes Mal reiste ich mit Maria - meiner langjährigen Lebensgefährtin.
Ziel der Reise war Mocambique, nach dem langjährigen Bürgerkrieg
erlaubte der neue Frieden wieder Exkursionen in den ehemaligen portugisischen
Kolonialstaat. Voller Erwartung, immer wachsam, unter den Augen der
UNO und auf der ständigen Suche nach Minen, wagten wir uns in ein
bislang kaum vom Tourismus beachtetes Land.
"There is nothing to eat in Maputo !", verabschiedet
uns der freundliche Zöllner am Grenzposten zwischen Swaziland und
Mocambique. Wir sind in dem unbekannten südostafrikanischen Land,
das in Zukunft touristisch blühen wird. Nach dem Passieren des Schlagbaumes
sehen wir uns einer Gruppe von Geldwechslern gegenüber, die am Straßenrand
mit Bündeln von Scheinen winken. In Unkenntnis des tatsächlichen
Werts des mozambiqueanischen Meticais tauschen wir nur einen kleinen
Betrag - zum besten Kurs, den wir auf unserer Tour erhalten werden. Unsere
Informationen über Mocambique sind dürftig. Aufgrund des Bürgerkriegs
war das Land jahrelang für Einflüsse von Außen versperrt,
der Tourismus lag völlig am Boden. Bis heute. Vorwiegend südafrikanische
Investoren suchen den Markt zu erschließen. Entlang der paradiesischen
Küste entstehen Holiday-Resorts für den erwarteten Boom.
Junge Fischermädchen an der Lagune von Bilene
Wir fahren auf der Straße Richtung Maputo,
immer im Kampf gegen Tausende von Schlaglöchern, die großteils
von Landminen der Renamo-Rebellen während des Krieges herrühren.
"Do not leave the roads !", werden wir noch oft zu hören bekommen.
Tausende von Minen befinden sich abseits der befahrenen Wege - sie wurden
nach dem Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen im Oktober 1992
nicht geräumt. Wir passieren ein Dorf, überragt von einer alten
portugiesischen Kirche. Über dem Eingang prangt das Jahr der Erbauung:
1901. Hinter der Kirche erstreckt sich ein kleiner Park mit einem verfallenen
Internat. Menschen treffen wir nur wenige in diesem Ort.
40 Kilometer vor Maputo wird die Straße besser. Rege Bautätigkeit
macht sich breit, auf neuem Asphalt gleiten wir zur Hauptstadt. Auf
dem Campismo Municipal finden wir ein Plätzchen. In den Chalets
wohnen keine Touristen sondern schwarze Familien. Nur wenige Stunden am
Tag fließt Wasser aus den Hähnen. Schnell finden sich ein paar
Leute, die unsere harte Währung tauschen wollen. Gefragt sind südafrikanische
Rand, keine Dollar. Der Schwarzmarkt ist schon fast offiziell und erspart
vor allem das lästige Warten in den Banken. Entlang der breiten Avenidas
des Zentrums bieten unzählige Händler Waren an. Portugiesischer
Kolonialstil und sozialistischer Plattenbau wechseln sich ab. Alles wirkt
sehr marode und wird nur zögerlich wieder aufgebaut. Doch entgegen
der Prophezeihung des Grenzbeamten finden wir alles, was wir zum Leben
benötigen. Auf den bunten Märkten erstehen wir Gemüse und
Fisch, auch ein paar Dosen Bier. Importwaren sind erhältlich, jedoch
der Oberschicht vorbehalten. In einem Supermarkt im Botschaftsviertel entdecken
wir Lachs, Kaviar und Champagner zu entsprechenden Preisen. Hier wird in
US-Dollar bezahlt. Im Hotel "Polonia", nur einen Steinwurf von der deutschen
Botschaft entfernt, kann man Urlaub im 5-Sterne-Hotel machen. Wir wandern
entlang der Strandpromenade zurück zum Campingplatz und stellen uns
vor, wie schön es hier einmal gewesen sein muss. Am Strand kosten wir
King Prawns, direkt vom Boot frisch zubereitet. Die Menschen sind freundlich
und man hat nie das Gefühl, über´s Ohr gehauen zu werden.
Alle lächeln belustigt wenn wir versuchen, auf portugiesisch zu handeln.
Am dritten Tag brechen wir unsere Zelte ab und fahren südwärts
nach Catuane, einem Marktflecken an der Grenze zu Südafrika. Auf
der ausgewaschenen Piste gibt es keine Straßenschilder, wir erfragen
uns den Weg durch trockenes Buschland. Unbewohnte alte Gebäude tauchen
am Straßenrand auf. Dem Grundriss zufolge müssen es Cafés
oder Läden gewesen sein. Nach 100 Kilometern ändert sich das
Landschaftsbild. Trockenflussbetten sind zu durchqueren, da die Brücken
gesprengt wurden. Farbenprächtige Aloen blühen.
Staubige Erdpiste auf dem Weg nach Catuane
Fotoshooting auf dem Logoa Mandijene
Catuane ist eine Kolonialsiedlung mit zwei Dutzend
Häusern, Während der Regenzeit, wenn die Piste oft für
Wochen unbefahrbar ist, sind die Bewohner auf Selbstversorgung angewiesen.
Nach weiteren 20 Kilometern durch den Busch erreichen wir unser eigentliches
Ziel - den Logoa Mandijene. In dieser idyllischen Landschaft schlagen
wir unser Lager auf. Schon bald besuchen uns einige Bewohner des nahegelegenen
Dorfes und heißen uns willkommen. Unter ihnen Domingos, der jahrelang
in der ehemaligen DDR gearbeitet hatte, und nun seinen Lebensunterhalt
als Fischer verdient. In einwandfreiem Deutsch erzählt er uns von
Berlin, Leipzig und Dresden. Schwärmt von der Landschaft und
dem kalten Winter und bedauert, dass er nach der Wende nicht zurück
kann. Domingos berichtet uns auch von der Straße zum Meer. Unser
Vorhaben, den Elefanten-Nationalpark an der Küste zu besuchen, käme
einem Ritt durch´s Minenfeld gleich. Wir bleiben noch einen Tag
bei den Fischern, rudern über den See und beobachten die Flusspferde.
Wir genießen den fantastischen Sonnenuntergang und grillen abends
Fisch über´m Lagerfeuer.
Selbstgefangener frischer Fisch auf dem Grill
Auf derselben Piste fahren wir zurück nach
Maputo. Wir passieren die Außenbezirke; an den meisten Häusern
sind die Spuren des Krieges deutlich abzulesen: Einschusslöcher automatischer
Gewehre in den Mauern und trichterförmige Löcher in den Villen-Vorgärten
sind stumme Zeugen des acht Jahre langen Krieges. Als die Portugiesen
das Land Ende des 15. Jahrhunderts betraten begannen sie systematisch,
mit Gold, Elfenbein und Sklaven zu handeln. Erst 1975 zogen sie sich zurück.
Die Wirtschaft brach unter der Führung der Sozialistischen Partei "Frelimo"
zusammen. Sowjetische Fischfangflotten nutzten die engen politischen Beziehungen
und plünderten die fischreichen Gewässer des Indischen Ozeans.
Der Caravanpark von Bilene ist verlassen, jedoch lädt die Lagune zum
Bleiben ein. Wir genießen den schneeweißen Sandstrand und das
glasklare Wasser für einige Tage. Fangfrische Scholle und frisches
Brot tragen zu unserem Wohlbefinden bei.
Weiter geht es nach Chokwe, dem landwirtschaftlichen Zentrum der
Provinz Gaza. Ackerbau und Fischwirtschaft sind die Haupteinnahmequellen
des Landes. Eine schlaglochübersähte Straße führt
ins Landesinnere. Südlich des Flusses Limpopo ist der Boden sehr
fruchtbar. Mais, Tomaten, Kartoffeln, Bananen und Baumwolle werden angebaut.
Auf einer der wenigen unzerstörten Brücken überqueren
wir den breiten Strom. Nördlich des Flusses wird das Land karger,
Viehwirtschaft überwiegt. Die Asphaltstraße endet, wir suchen
eine Piste zum Meer. Schon nach wenigen Kilometern sanden wir ein. Im zweiten
Anlauf klappt es endlich.
Ein ausgebrannter Panzer weist den Weg nach Gujia. Hier hat der
Krieg ganze Arbeit geleistet, alles ist zerstört, Minen haben die
Straße umgepflügt. Scheu beobachten uns Kinder, als wir an
einem Kiosk etwas trinken. Bald ist Praia do Xai-Xai erreicht und wir
haben die Wahl zwischen etwa 200 Stellplätzen auf dem ausgestorbenen
Campingplatz. Es gibt hier sogar warme Duschen.
Die Überquerung des Limpopo kostet 1 Cent Brückenmaut.
Bald haben wir das Einzugsgebiet des Flusses verlassen, die Hügel
werden flacher. "Only sand and mines - nothing more.", meint der Wirt eines
kleinen Restaurants in Macia, den wir nach dem Zustand der Direktroute
nach Moamba befragen. Schnell geben wir unseren Plan auf, 50 Kilometer zu
sparen und fahren via Maputo zurück zur Grenze. Rechts und links der
Straße gesprengte Fahrzeugwracks, wir kämpfen uns von Schlagloch
zu Schlagloch. Kein Verkehr, keine Menschen, nicht einmal Vogelgezwitscher.
Traumstrände an der mocambiqueanischen Küste
Ein verlassener Polizeikontrollposten neben verbrannten
Hütten. Auf der Fahrbahn liegen Munitionshülsen. Wir verlassen
diesen gespenstischen Ort und fahren weiter. Zwei neue Lastwagen stehen
am Straßenrand, etwas unorthodox geparkt. Die Türen sind offen,
aber kein Mensch weit und breit. Endlich, nach 86 Kilometern erreichen
wir den Grenzposten Ressano Garcia. Die Grenzbeamten sind sehr zuvorkommend,
nach 10 Minuten sind Pass und Carnet ausgestempelt, wir passieren den Stacheldraht.
Der südafrikanische Beamte erzählt von einem Überfall auf
der "Little Beirut Road" heute Morgen auf zwei Lastwagenfahrer. Sie wurden
erschossen, wahrscheinlich von Renamo-Rebellen. "This road is not safe.
If you come back, you should go in convoi.".