Sommer 1994
Südafrika - Mocambique - Swaziland - Südafrika

Ein letztes Mal besuchte ich meine Bekannten in der Kapprovinz, wo das Motorrad lange Monate immer wieder sicher abgestellt werden konnte. Ein letztes Mal reiste ich mit Maria - meiner langjährigen Lebensgefährtin. Ziel der Reise war Mocambique, nach dem langjährigen Bürgerkrieg erlaubte der neue Frieden wieder Exkursionen in den ehemaligen portugisischen Kolonialstaat. Voller Erwartung, immer wachsam, unter den Augen der UNO und auf der ständigen Suche nach Minen, wagten wir uns in ein bislang kaum vom Tourismus beachtetes Land.


"There is nothing to eat in Maputo !", verabschiedet uns der freundliche Zöllner am Grenzposten zwischen Swaziland und Mocambique. Wir sind in dem unbekannten südostafrikanischen Land, das in Zukunft touristisch blühen wird. Nach dem Passieren des Schlagbaumes sehen wir uns einer Gruppe von Geldwechslern gegenüber, die am Straßenrand mit Bündeln von Scheinen winken. In Unkenntnis des tatsächlichen Werts des mozambiqueanischen Meticais tauschen wir nur einen kleinen Betrag - zum besten Kurs, den wir auf unserer Tour erhalten werden. Unsere Informationen über Mocambique sind dürftig. Aufgrund des Bürgerkriegs war das Land jahrelang für Einflüsse von Außen versperrt, der Tourismus lag völlig am Boden. Bis heute. Vorwiegend südafrikanische Investoren suchen den Markt zu erschließen. Entlang der paradiesischen Küste entstehen Holiday-Resorts für den erwarteten Boom.


                                                                                                                                                                 Junge Fischermädchen an der Lagune von Bilene

Wir fahren auf der Straße Richtung Maputo, immer im Kampf gegen Tausende von Schlaglöchern, die großteils von Landminen der Renamo-Rebellen während des Krieges herrühren. "Do not leave the roads !", werden wir noch oft zu hören bekommen. Tausende von Minen befinden sich abseits der befahrenen Wege - sie wurden nach dem Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen im Oktober 1992 nicht geräumt. Wir passieren ein Dorf, überragt von einer alten portugiesischen Kirche. Über dem Eingang prangt das Jahr der Erbauung: 1901. Hinter der Kirche erstreckt sich ein kleiner Park mit einem verfallenen Internat. Menschen treffen wir nur wenige in diesem Ort.

40 Kilometer vor Maputo wird die Straße besser. Rege Bautätigkeit macht sich breit, auf neuem Asphalt gleiten wir zur Hauptstadt. Auf dem Campismo Municipal finden wir ein Plätzchen. In den Chalets wohnen keine Touristen sondern schwarze Familien. Nur wenige Stunden am Tag fließt Wasser aus den Hähnen. Schnell finden sich ein paar Leute, die unsere harte Währung tauschen wollen. Gefragt sind südafrikanische Rand, keine Dollar. Der Schwarzmarkt ist schon fast offiziell und erspart vor allem das lästige Warten in den Banken. Entlang der breiten Avenidas des Zentrums bieten unzählige Händler Waren an. Portugiesischer Kolonialstil und sozialistischer Plattenbau wechseln sich ab. Alles wirkt sehr marode und wird nur zögerlich wieder aufgebaut. Doch entgegen der Prophezeihung des Grenzbeamten finden wir alles, was wir zum Leben benötigen. Auf den bunten Märkten erstehen wir Gemüse und Fisch, auch ein paar Dosen Bier. Importwaren sind erhältlich, jedoch der Oberschicht vorbehalten. In einem Supermarkt im Botschaftsviertel entdecken wir Lachs, Kaviar und Champagner zu entsprechenden Preisen. Hier wird in US-Dollar bezahlt. Im Hotel "Polonia", nur einen Steinwurf von der deutschen Botschaft entfernt, kann man Urlaub im 5-Sterne-Hotel machen. Wir wandern entlang der Strandpromenade zurück zum Campingplatz und stellen uns vor, wie schön es hier einmal gewesen sein muss. Am Strand kosten wir King Prawns, direkt vom Boot frisch zubereitet. Die Menschen sind freundlich und man hat nie das Gefühl, über´s Ohr gehauen zu werden. Alle lächeln belustigt wenn wir versuchen, auf portugiesisch zu handeln.

Am dritten Tag brechen wir unsere Zelte ab und fahren südwärts nach Catuane, einem Marktflecken an der Grenze zu Südafrika. Auf der ausgewaschenen Piste gibt es keine Straßenschilder, wir erfragen uns den Weg durch trockenes Buschland. Unbewohnte alte Gebäude tauchen am Straßenrand auf. Dem Grundriss zufolge müssen es Cafés oder Läden gewesen sein. Nach 100 Kilometern ändert sich das Landschaftsbild. Trockenflussbetten sind zu durchqueren, da die Brücken gesprengt wurden. Farbenprächtige Aloen blühen.
Staubige Erdpiste auf dem Weg nach Catuane                                                                                       Fotoshooting auf dem Logoa Mandijene
 


Catuane ist eine Kolonialsiedlung mit zwei Dutzend Häusern, Während der Regenzeit, wenn die Piste oft für Wochen unbefahrbar ist, sind die Bewohner auf Selbstversorgung angewiesen. Nach weiteren 20 Kilometern durch den Busch erreichen wir unser eigentliches Ziel - den Logoa Mandijene. In dieser idyllischen Landschaft schlagen wir unser Lager auf. Schon bald besuchen uns einige Bewohner des nahegelegenen Dorfes und heißen uns willkommen. Unter ihnen Domingos, der jahrelang in der ehemaligen DDR gearbeitet hatte, und nun seinen Lebensunterhalt als Fischer verdient. In einwandfreiem Deutsch erzählt er uns von Berlin, Leipzig und Dresden. Schwärmt von der  Landschaft und dem kalten Winter und bedauert, dass er nach der Wende nicht zurück kann. Domingos berichtet uns auch von der Straße zum Meer. Unser Vorhaben, den Elefanten-Nationalpark an der Küste zu besuchen, käme einem Ritt durch´s Minenfeld gleich. Wir bleiben noch einen Tag bei den Fischern, rudern über den See und beobachten die Flusspferde. Wir genießen den fantastischen Sonnenuntergang und grillen abends Fisch über´m Lagerfeuer.
                                                                                                                                                                   Selbstgefangener frischer Fisch auf dem Grill

Auf derselben Piste fahren wir zurück nach Maputo. Wir passieren die Außenbezirke; an den meisten Häusern sind die Spuren des Krieges deutlich abzulesen: Einschusslöcher automatischer Gewehre in den Mauern und trichterförmige Löcher in den Villen-Vorgärten sind stumme Zeugen des acht Jahre langen Krieges. Als die Portugiesen das Land Ende des 15. Jahrhunderts betraten begannen sie systematisch, mit Gold, Elfenbein und Sklaven zu handeln. Erst 1975 zogen sie sich zurück. Die Wirtschaft brach unter der Führung der Sozialistischen Partei "Frelimo" zusammen. Sowjetische Fischfangflotten nutzten die engen politischen Beziehungen und plünderten die fischreichen Gewässer des Indischen Ozeans. Der Caravanpark von Bilene ist verlassen, jedoch lädt die Lagune zum Bleiben ein. Wir genießen den schneeweißen Sandstrand und das glasklare Wasser für einige Tage. Fangfrische Scholle und frisches Brot tragen zu unserem Wohlbefinden bei.

Weiter geht es nach Chokwe, dem landwirtschaftlichen Zentrum der Provinz Gaza. Ackerbau und Fischwirtschaft sind die Haupteinnahmequellen des Landes. Eine schlaglochübersähte Straße führt ins Landesinnere. Südlich des Flusses Limpopo ist der Boden sehr fruchtbar. Mais, Tomaten, Kartoffeln, Bananen und Baumwolle werden angebaut. Auf einer der wenigen unzerstörten Brücken überqueren wir den breiten Strom. Nördlich des Flusses wird das Land karger, Viehwirtschaft überwiegt. Die Asphaltstraße endet, wir suchen eine Piste zum Meer. Schon nach wenigen Kilometern sanden wir ein. Im zweiten Anlauf klappt es endlich.

Ein ausgebrannter Panzer weist den Weg nach Gujia. Hier hat der Krieg ganze Arbeit geleistet, alles ist zerstört, Minen haben die Straße umgepflügt. Scheu beobachten uns Kinder, als wir an einem Kiosk etwas trinken. Bald ist Praia do Xai-Xai erreicht und wir haben die Wahl zwischen etwa 200 Stellplätzen auf dem ausgestorbenen Campingplatz. Es gibt hier sogar warme Duschen.

Die Überquerung des Limpopo kostet 1 Cent Brückenmaut. Bald haben wir das Einzugsgebiet des Flusses verlassen, die Hügel werden flacher. "Only sand and mines - nothing more.", meint der Wirt eines kleinen Restaurants in Macia, den wir nach dem Zustand der Direktroute nach Moamba befragen. Schnell geben wir unseren Plan auf, 50 Kilometer zu sparen und fahren via Maputo zurück zur Grenze. Rechts und links der  Straße gesprengte Fahrzeugwracks, wir kämpfen uns von Schlagloch zu Schlagloch. Kein Verkehr, keine Menschen, nicht einmal Vogelgezwitscher.

                                                                                                                                                                  Traumstrände an der mocambiqueanischen Küste

Ein verlassener Polizeikontrollposten neben verbrannten Hütten. Auf der Fahrbahn liegen Munitionshülsen. Wir verlassen diesen gespenstischen Ort und fahren weiter. Zwei neue Lastwagen stehen am Straßenrand, etwas unorthodox geparkt. Die Türen sind offen, aber kein Mensch weit und breit. Endlich, nach 86 Kilometern erreichen wir den Grenzposten Ressano Garcia. Die Grenzbeamten sind sehr zuvorkommend, nach 10 Minuten sind Pass und Carnet ausgestempelt, wir passieren den Stacheldraht. Der südafrikanische Beamte erzählt von einem Überfall auf der "Little Beirut Road" heute Morgen auf zwei Lastwagenfahrer. Sie wurden erschossen, wahrscheinlich von Renamo-Rebellen. "This road is not safe. If you come back, you should go in convoi.".

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