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Ganz in weiß mit einem Blumenstrauß
Hochzeit im Hoggar
Tours Magazin Ausgabe 6/96, Seiten 38 - 44

Der Berg Assekrem in der Zentralsahara, christliche Bastion im islamischen Algerien, ist für manchen ein Ort, an dem er Gott nahe ist. Hier reifte einst der Wunsch eines Motorradfahrers, an diesem Punkt getraut zu werden. Drei Jahre später macht sich eine achtköpfige Gruppe auf den Weg ...

Hochzeit im HoggarLuft, endlich Luft! Seit Tagen bin ich Nun schon eingesperrt in diesem braunen Karton an Bord eines Range Rovers. Ich, die eigentliche Hauptdarstellerin der geplanten Veranstaltung auf dem Assekrem. So etwas muss man sich mal vorstellen. Tagelange Rüttelei steht mir noch bevor, ehe ich für einen Tag ans Licht da. Aber was für ein Licht! Schon jetzt bin ich völlig geblendet von dieser grellen Sonne. Der Atem stockt schier vor Hitze. Und was will dieser uniformierte Colonel? „Ou sont votre documents?" fragt er nun schon zum zweiten Mal. Eine Fahrtgenehmigung will er anscheinend haben, die für Pisten der Kategorie B gar nicht nötig sind, behauptet zumindest Ralf. Und der muss es wissen, war er doch schon oft in Afrika.

Wenigstens konnte ich jetzt einen flüchtigen Blick auf ihn werfen, an dessen Seite die Show steigen soll. Aber wie? Der trägt ja Motorradklamotten! Schnöde Motorradklamotten mit einer satten Staubschicht drauf. Und so was neben mir? Immerhin scheint er ein hübsches Kerlchen zu sein. Er durfte mich ja bisher noch nicht in Augenschein nehmen. Soll doch 'ne Überraschung sein, meint Tanja, die mich ausgesucht hat.

Schon klappt der Deckel zu, die Rüttelei beginnt wieder. Doch bald scheint der nächste Kontrollposten uns aufzuhalten. Recht undeutlich dringt Ralfs Stimme in mein Gefängnis, nachdem die Uniformierten (sicher wieder in so gewöhnliche, grobe Stoffe gehüllt, igitt!) ein freundliches „bonne route" gerufen haben. Wir nehmen die Ostroute, die neue Trasse Richtung Erg Amguid, schlägt er vor, damit wir mal zwei Tage Ruhe habe vor den Kontrollen.

Eine Schüttelei ist das! Direkt neben mir explodiert etwas! Angeblich nur ein paar Getränkedosen. Der abendliche Lagerplatz ist endlich erreicht, alle schwärmen von der schönen Landschaft am Adrar Telrehmt. Es riecht nach Eintopfsuppe, doch wieso wird der Zündschlüssel jetzt wieder gedreht? Hilfe, die wollen das Auto ruinieren. Einfach so aus Spaß lassen sie es über die Dünen hüpfen. Ich kämpfe mit aufsteigendem Brechreiz. Nein, das darf nicht geschehen, dann wäre alles versaut. Endlich geben sie Ruhe und setzen sich ans Lagerfeuer. Mathias erzählt aus Mauretanien, Uwe von früheren Algerienfahrten, Tanja war schon in Ägypten (was sie da wohl angehabt hat?) und Ralf scheint schon ganz Afrika befahren zu haben. In einer Zeitschrift (wie soll die heißen, ich verstehe immer nur Tours, ist doch 'ne Stadt in Frankreich), hat er schon mal geschrieben. Über Mocambique. Vielleicht komm' ich auch mal in so ein buntes Heft? Mit Bild natürlich. Mit diesem verlockenden Aussichten gebe ich mich süßen Träumen hin. Gut, dass ich ordentlich schlafen konnte. Schon am Vormittag stecken alle drei Autos im Tiefsand fest. Alle müssen buddeln, nicht mal Tanja hat Zeit, bei mir vorbeizuschauen.

Erst in In Ecker wird wieder mal angehalten. „Comment est la piste?" fragt der Uniformierte, während er in den Wagen schaut. Aber zum Glück läßt er die Finger von mir. Wir seien von der Polizei in Hassi Messaoud bereits angekündigt worden, behauptet er. Na endlich spricht sich herum, wer da auf dem Weg nach Tamanrasset ist! Noch zweihundert Kilometer, und wir sind am Ziel. Alle legen einen Ruhetag ein an der Chaouis-Quelle, nur Tanja und Ralf haben was zu erledigen. Ha, ich weiß, was die noch besprechen müssen. Ich bereite mich derweil mental auf meinen großen Auftritt vor ...

Nachmittags fahren wir zum Flughafen, um Sigrid abzuholen. Na, die weiß wenigstens was sich gehört. Nicht nur, daß sie extra von Hamburg eingeflogen ist, nein, sie hat sogar daran gedacht, einen richtigen Rosenstrauß mitzubringen. Außer mir das einzig Stilvolle unter all den Banausen in ihren staubigen T-Shirts, befürchte ich. Frank hat inzwischen alle kulinarischen Köstlichkeiten Tamanrassets organisiert und an der Quelle ein tolles Abendessen vorbereitet. Sogar einen Rotwein konnte er ergattern. Trotzdem finden sich tags darauf alle pünktlich um halb zehn in der Eremitage von Pére de Foucauld ein. Und ich bin befreit, endlich! Na ja, ein bisschen verknittert bin ich vielleicht, aber Tanja sieht super aus mit mir, diesem weißen Traum aus Satin und Tüll! Wie eine Prinzessin schreitet sie in die kleine Kapelle. Doch was ist das? Ralf, der sie mit offenem Mund bewundert, trägt - ich fasse es kaum - Cross-Stiefel, Lederhose und Tourenjacke! Aber irgendwie scheint das die anderen gar nicht zu stören, vielleicht bin ich da ob meiner Herkunft ein bisschen überempfindlich. Der Rahmen ist ja auch eher schlicht: Lehmwände, ein einfaches Holzkreuz, die bescheidenen Patres Eduard und Antoine. Sie beginnen bald mit der Hochzeitszeremonie, zweisprachig deutsch und französisch. Spätestens, als die Schwestern das Halleluja singen, bleibt kein Auge mehr trocken vor Rührung und Freude.

Danach gibt es selbstgemachten Saft von den Schwestern und Sekt, der irgendwo neben mir im HiLux gelegen haben muss, bevors hinaufgeht zum Assekrem. Für alle Beteiligten ist es ein unvergessliches Erlebnis, auch für die Patres, schließlich ist es auch ihre erste Trauung in Tamanrasset. Auf der Piste hinauf zum Assekrem bin ich die Attraktion, Nun ja, Tanja vielleicht auch ein bisschen. Eine weiße Braut hat man hier in der Sahara noch nie gesehen, jeder möchte mit uns fotografiert werden. Gehst Du weg, mit deinen ungewaschenen Fingern! Die vielen Fotostops werfen den Zeitplan etwas zurück, nach einem Plattfuß und einem Sturz (zum Glück nicht Tanja!) erreichen wir die Refuge, die Klause im Gebirge, erst unmittelbar vor Sonnenuntergang. Drei Dutzend algerische Touristen harren ebenfalls bei eisiger Kälte aus, um das neue Jahr zu begießen. „Avec plaisir" räumt einer der Bewohner sein Zimmer und stellt es uns für die Hochzeitsnacht zu Verfügung. Äh, plötzlich bin ich gar nicht mehr so wichtig. So schnell kann's gehen ...

Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg zum Gipfel. Ein Sonnenaufgang auf dem Assekrem ist überwältigend, und sogar Ralf meint, noch nie einen so spektakulären erlebt zu haben, wie an diesem 1. Januar 1996. Zweihundert Kilometer Fernsicht, keine Wolke trübt den Himmel, der zwischen dunkelblau bis hellgelb alle Schattierungen aufweist. Als die ersten Sonnenstrahlen hinter den Bergen erscheinen, bewundern alle wie gebannt das Schauspiel (und wer beachtet mich?). Der gleißend gelbe Sonnenball schiebt sich Stück um Stück in den Himmel und wärmt die kalten Glieder. Ich habe ja auch nie behauptet, besonders warm zu sein, liebe Tanja. Meine Qualitäten sind doch ganz offensichtlicher Natur. Um halb acht beginnt die Hochzeitsmesse auf dem Gipfel. Pater Eduard liest Verse aus der auf einem kleinen Steinalter liegenden Bibel. Nach dem Abendmahl führt er uns hinab zu den Hütten der „Kleinen Brüder", wo alle auf einer Freiterrasse ein Frühstück serviert bekommen, Datteln und Baguette. Den Hochzeitsstrauß lassen sie zurück und machen sich auf holpriger Piste zurück auf den Weg nach Norden. Ich darf wenigstens mit. Wenn auch in diesem dunklen, muffigen Verlies. Geschieht denen recht, ständig werden sie kontrolliert, sechs Mal zwischen Tarn und In. Ecker. Mit mir wären die Kontrollen wohl noch viel schneller gegangen. Aber auch so erreichen wir noch vor Sonnenuntergang den Marabout des Moulay Hassan, in dessen Nähe das Nachtlager aufgeschlagen wird.

An der letzten Kontrollstelle hinter Ouargla wird der Deckel meines Kartons noch einmal gelüftet. Der Beamte, auf der Suche nach etwas Verbotenem, schaut mich fassungslos an. Ein wenig schäme ich mich schon, so verstaubt, und sandig vor dem Auge des Gesetzes zu liegen. Aber welches Hochzeitskleid kann schon auf eine so großartige Reise zurückblicken.

DER ASSEKREM
Berühmt ist der Assekrem (2.726 m) für seine großartigen Sonnenauf- und Untergänge. Es gibt oben eine Schutzhütte mit Übernachtungsmöglichkeit aber kein Wasser. Die klimatischen Daten werden in einer kleinen Beobachtungsstation am Gipfel registiert. Der Aufstieg dorthin und zur Klause des Paters Foucauld dauert auf steilem Weg etwa eine halbe Stunde.

Die Patres leben etwas unterhalb des Gipfels. Auf dem Gipfel errichteten sie eine Kapelle, in deren Nebenraum Bücher und Handschriften zu besichtigen sind. Vor der Kapelle findet man einen Orientierungsstein mit Hinweisen auf Berggipfel. Charles de Foucauld, Sohn eines Adligen, 1858 in Straßburg geboren, lernte als Offizier Algerien kennen. Als Mitglied des Trappistenordens lebte er in Syrien und Israel, ehe er als Missionar nach Algerien zurückkehrte. 1905 ließ im winzigen Ort Tamanrasset am Fuß des Hoggar-Gebirges nieder und baute zusätzlich eine Klause auf den Assekrem. Mehr als zehn Jahre lebte Foucauld unter den Tuareg, kümmerte sich um ihre medizinische Versorgung und ließ Brunnen bauen. Er studierte Sprache und Schrift der Nomaden, verfaßte ein Wörterbuch und eine Grammatik des Tamaschek, sammelte die Gedichte der Hoggar-Bewohner, ihre Sagen und Lieder. 1916 wurde er von einer libyschen Senoussi-Patrouille erschossen.

Französische Patres leben noch heute in der Einsamkeit des Assekrem und setzen das Werk Foucaulds fort. Ib

Kurzinfo Algerien 6/1996

Derzeit nach Algerien?
„Vous êtes courageux", (Sie sind mutig) verabschiedet uns der tunesische Zollbeamte. Die Schranke öffnet sich und wir rollen langsam gen Algerien. Trotz erheblicher Bedenken von Freunden und Bekannten hat sich unsere kleine Gruppe entschlossen, diese Fahrt zu wagen. In einen Staat, in welchem Presseberichten zufolge der Bürgerkrieg tobt. Wir fühlen uns jedoch trotz der warnenden Worte sicher, denn die akribische Vorbereitung hat das Risiko minimiert und der Gedanke an eine Hochzeit auf dem Assekrem treibt uns voran.

Die algerischen Grenzbeamten sind begeistert von unserem Vorhaben und lassen uns nahezu unkontrolliert passieren. Hinter El Oued erreichen wir schon bald den großen Militärcheckpoint vor Hassi Messaoud. Der Colonel kann es gar nicht glauben, dass wir via Amguid nach Tamanrasset fahren wollen. Normale Reisende benutzen die Asphaltstraße über Ghardaia und In Salah. Er vermutet Spione, die in das algerische Ölförderungsgebiet im Südosten eindringen wollen und löchert uns eine geschlagene Stunde mit Fragen. Schlussendlich müssen wir das Polizeirevier in Hassi Messaoud aufsuchen. Dort werden die persönlichen Daten einzeln erfasst und wir erhalten auch die erforderliche Genehmigung für das Füllen der Reserverkanister. „Super, es gibt Super!" Der Tankwart füllt insgesamt 400 Liter der kostbaren Flüssigkeit in Tanks und Kanister. Wir decken uns mit den erforderlichen Wasservorräten für die nächsten fünf Tage am aus dem Boden ragenden Wasserhahn ein. Wasser ist umsonst und Benzin kostet lediglich eine Bruchteil der in Europa geltenden Preise.

Voll getankt fahren wir durch das Gassi Touiel Richtung Süden. Immer entlang den Dünen des Grand Erg Oriental, dem bis zu 300 Metern hohen Dünengebiet, lautet die Devise. Dünenspaß pur taufen wir die über 500 km lange Etappe inklusive zweier Übernachtungen inmitten des Ergs. Nach dem letzten Tankstop in Hassi Bel Guebbour wollen uns die Militärs am Checkpoint nicht passieren lassen. Sie wollen schriftliche Fahrtgenehmigungen, die wir jedoch nicht vorweisen können, weil sie für die Pisten der Kategorie  -B-  offiziell  nicht benötigt werden. Als uns die Militärs nach den Urlaubsscheinen fragen, zweifeln wir berechtigt an deren Rechtskenntnis und stellen uns auf stur. Achselzuckend läßt uns der Wachposten passieren.

Auf den weiten Ebenen kommt bis In Ecker nur ein Lkw entgegen. Es soll der einzige bis In Eker bleiben. Am Adrar Telrehmt bestaunen wir die grandiose Landschaft. Die vor uns liegende Tafelbergwand öffnet sich und wir erblicken durch den ca. 500 Meter breiten Spalt die kompakte Sandformation des Erg Amguid, welcher steil aus der Ebene aufragt.

Auf der Westtangente umgehen wir den Militärposten Amguid und gleiten auf der Regebene mit Höchstgeschwindigkeit bis zu einem gigantischen Lagerplatz an dem sonst unzugänglichen Dünenmeer.

Nach einem Sturz im Tiefsand ist ein Motorrad überholungsbedürftig und bedarf der längeren Inspektion. Nach der morgendlichen Lagebesprechung fahren die Motorräder voller Elan voraus. Sie finden sich alsbald auf der Piste nach Djanet wieder und müssen umkehren. Zwischen uns und der von weitem sichtbaren Zeugenbergformation Edjeleh liegen nur ein paar Dünen und das Trockenflussbett des Oued Igharghar. Dieses muss zuerst durchquert werden. Kurze Zeit später stecken alle drei Autos im Tiefsand fest. Nach zwei Stunden schweißtreibender Arbeit sind wir wieder frei und finden alsbald die trassierte Piste Richtung Süden. Durch ein höheres Stundenmittel holen wir die verlorene Zeit auf der folgenden Strecke entlang des Teffedest wieder herein.

An der Tankstelle in In Ecker wartet schon Militär auf uns. Wir seien von der Polizei in Hassi Messaoud angekündigt worden, teilt er zum Erstaunen aller mit. Er wünscht uns noch eine gute Fahrt und wir nehmen die letzten knapp 200 Kilometer Asphaltstraße bis Tamanrasset in Angriff. Spät erreichen wir unser Tagesziel.

Wir laben uns direkt aus der Chapuisquelle am besten Mineralwasser der Sahara. Waschen ist mal wieder angesagt, die vorangegangenen Tage haben uns einiges abverlangt.

Nach einer herrlichen Feier in Tamanrasset und auf dem Assekrem fahren wir wieder gen Norden. Die Straßenkontrollen werden häufiger, sechs sind es mittlerweile zwischen Tamanrasset und In Ecker. Die von tiefen Schlaglöchern durchzogene Strecke zwischen In Ecker und Arak ist weitgehend instand gesetzt und lässt nahezu gefahrloses Fahren zu. So ist der Marabout des Moulay Hassan, der die Grenze zu den Tropen kennzeichnet, am Abend erreicht.

Hadj Abderrahmane, Besitzer des Carrefour in In Salah, begrüßt die durstige Gruppe alsdann freudestrahlend in seinem Cafe. Nach der üblichen Polizeiprozedur und einem wundervollen Abendessen bei Bekannten verlassen wir In Salah und nächtigen unterhalb eines bizarren Felsens in der Einöde. Mit mehr als 100 Stundenkilometern über das Tademaitplateau, denn wir haben starken Rückenwind.

Seit dem letzten Besuch in Algerien vor drei Jahren hat sich einiges geändert. In El Golea wurde man gelegentlich mit Steinen förmlich bombardiert. Heute steuern wir die Tankstelle an - und kein Stein fliegt, kein Kind bettelt um Stylos oder Dinare. An der Polizeikontrolle auf dem Hügel nördlich der Stadt werden wir mit der Dakar-Rallye verwechselt. Der Irrtum klärt sich jedoch erst auf, nachdem die Polizisten von allen Fahrzeugen die obligatorischen Fotos geschossen haben. Das Gelächter ist groß und man lässt uns ziehen.

Nach einem nachmittäglichen Ritt durch die Barchandünenfelder zwischen El Golea und Hassi Fahl werden die Motorräder auf den Pick-Up verladen und das Gepäck auf die restlichen Autos verteilt. Der hochgelegte Toyota schaukelt mit den drei Motorrädern auf der Pritsche über die letzten 700 algerischen Asphaltkilometer. Die Reisegeschwindigkeit sinkt auf nur noch 70 km/h, und die monotone Wüstenlandschaft auf dieser Etappe trägt ein übriges zur Schläfrigkeit der Reisegruppe bei.

„Nous n'avons pas eu de Problemes pendant le voyage", (wir haben auf der Reise keine Probleme gehabt) ist meine Antwort auf die Frage der Geschehnisse in Algerien. Mit dem Hinweis der Zöllner am Grenzübergang von Bou Aroua, wir sollen jedem in Deutschland erzählen, wie schön und sicher Algeriens Süden wieder ist, entlässt er uns ohne größere Kontrolle.

Laut Auswärtigem Amt sollten die Gebiete nördlich von Ghardaia aufgrund der politischen Situation gemieden werden. Das Algerische Konsulat sieht eine potentielle Gefährdung nördlich der Linie Biskra-Bechar sowie in den Ballungszentren Zentralalgeriens.

Während unseres Aufenthalts war es absolut ruhig. Alle Menschen waren sehr zuvorkommend und hilfsbereit. Jedoch herrscht eine starke Polizeipräsenz auf den Hauptstraßen, insbesondere im Bereich Tamanrasset und Ouargla. Die Kontrollen beschränken sich jedoch auf die erforderlichen Papiere und das Gepäck. Systematische Suchen nach Devisen wurden nicht durchgeführt. Die Beamten sind sehr freundlich. Für das Füllen von Reservekanistern ist eine Polizeigenehmigung obligatorisch. In Ballungszentren sowie vor und nach Befahren von Pisten der Kategorie B und C soll man sich bei den Polizeistationen an- und abmelden.

Visa: Algerisches Generalkonsulat, Rheinstraße 13, 60325 Frankfurt, Tel. 069/975826-0. Kosten: 33 DM in bar oder EC-Scheck. Unterlagen: Antragsformular   (Bezug    über o. g. Adresse) drei Passbilder, Reisepass (mind. sechs Monate Gültigkeit), Rückumschlag (frankiert und adressiert). Dauer: etwa zwei Tage.
Fähren: SNCM Marseille/ Tunis; Habib Genua/Tunis u. a.; Fährverbindungen nach Algier sind momentan nicht zu empfehlen.
Ein-/Ausreise: Bou Aroua / Hazoua (rund um die Uhr geöffnet); über andere Grenzübergänge liegen keine Erfahrungen vor.
Devisen: 1 Mark entspricht 33 Algerischen Dinar (DN), (Schwarztausch 25-30% besser), Devisendeklaration obligatorisch, Zwangsumtausch bei der Einreise 3.000 Dinar, Fahrzeuge: Pkw (ca. 5 DN/Tag; Krad ca. 3 DN/Tag), Pflichtversicherung an der Grenze (bei Nachteinreise auch in El Oued möglich).
Preise: Diesel 9 DN/L; Benzin 13 DN/L; Super 15 DN/L, Baguette 6-10 DN, Cafe/ Cafe au lait 15 DN; Tee 8 DN; Limo 10 DN.
Literatur: DuMont „Richtig reisen" Algerische Sahara, Ursula und Wolfgang Eckert, 44,80 DM (immer noch das beste Buch auf dem Markt).
Karten: Michelin 953 Nordwestafrika (1:4 Mio); IGN-Karten (1:200.000 bis 1:1 Mio).

Know How Global

Die SAHARA - nur ein großer Sandhaufen?

Die Sahara ist keineswegs ein großer Haufen Sand, lediglich 20% der geographischen Oberfläche besteht aus diesen feinen Körnern. Mit bis zu 50% Anteil überwiegen die mit Felsklumpen oder Kieselsteinen übersäten Ebenen. Gebirgsformationen vulkanischen Ursprungs oder Granit und Sandsteinformationen machen den restlichen Teil der faszinierenden Landschaft aus, Oasenstädte lediglich 1% der Oberfläche.
Mit 8,56 Millionen Quadratkilometern ist die Sahara die größte Wüste der Erde. Die Fläche ist vergleichbar mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Sie erstreckt sich über mehrere Staaten und umfaßt den gesamten, 6000 Kilometer breiten Gürtel Nordafrikas. Im Norden vom Atlasgebirge und seinen Ausläufern begrenzt, endet sie erst in den niederschlagsreicheren Gebieten der Trockensavanne in der Sahelzone.
Das Kerngebiet des nordafrikanischen Trokkengürtels ist vor Jahrtausenden durch die klimatisch- meteorologischen Bedingungen geschaffen worden. Die Regenarmut resultiert von den trockenen Fallwinden des Äquators, die zwischen 15. und 25. Grad nördlicher Breite niedergehen. Im Verlauf der Jahrtausende haben sich durch Überflutung, Austrocknung, Verwitterung und tektonische sowie vulkanische Tätigkeit die verschiedenen Landschaftsformen der Sahara entwickelt. So finden sich heute noch Relikte vergangener Zeiten in Form von Versteinerungen fossiler Meerestiere in den Regionen der Wüste. In der Neuzeit sind Überweidung, Absenkung des Grundwassers und Abholzung der Randgebiete Ursachen für die Desertifikation.

Frieren und schwitzen Das Klima ist geprägt von extremen Temperaturunterschieden. Auf bis zu 50 Grad kann das Thermometer in den Monaten Juni bis September problemlos steigen. Auf dem Assekrem hingegen wird es im Winter mit bis zu zehn Grad Minus bitterkalt. Frühjahr oder Herbst bieten sich für eine Saharareise daher an. Aufgrund der geringen Luftfeuchtigkeit läßt es sich bei 30-35 Grad gut aushalten und die 15-20 Grad während der Nacht erscheinen dann schon als kalt. Niederschläge können jedoch nicht erwartet werden. Nur alle paar Jahre öffnet der Himmel seine Schleusen und dies führt dann regelmäßig zu großen regionalen Überschwemmungen. Der Boden kann die Wassermassen nicht aufnehmen, die Trockenflußbetten füllen sich in Windeseile und rasend verwandelt sich die Landschaft in eine einzige Schlammflut. Deshalb ist es wenig ratsam, auch bei blauem Himmel in einem malerischen Oued (Trokkenflußbett) zu campieren.
Die algerische Sahara besticht durch ihre Landschaftsvielfalt. Die mächtigen Sanddünengebiete des Grand Erg Oriental und Grand Erg Occidental reichen von der marokkanisch- mauretanischen Grenze im Westen bis zur tunesisch- libyschen Grenze im Osten des Landes. Mit den bis zu 300 Meter hohen Dünen im Großen östlichen Erg befinden sich hier die höchsten Dünen der Erde. Die Farbenvielfalt des Sandes reicht von hellgelb im Souf (El Oued) bis rot im Erg Issaouene (Illizi). Diese Sandmeere sind von ihren Ausmaßen kaum faßbar, ausgenommen man durchquert bzw. überfliegt sie. Von großem Interesse sind daher auch die „kleinen", steil aufragenden Dünengebiete, welche über das gesamte Land verteilt sind. Realisierbar werden diese kompakten Formationen wie der Erg Amguid und der Erg Mehedjibat, beide in Zentralalgerien, erst durch eine Umrundung und man sollte sich die ein, zwei Tage Zeit nehmen.
Die Vielfalt der Dünenformationen ist grenzenlos: Mächtige Dünen im Gassi Touiel ragen bis nahe an die Straße heran. Riesige Barchandünenfelder nördlich von El Golea lassen eine gefahrlose Befahrung auf festem Untergrund zu, da die bis zu fünf Meter hohen, krummsäbelartigen Sandberge kaum länger als 20 Meter sind. Diese entstehen, wenn der Wind permanent aus einer Richtung weht. Hinter einer Barchandüne läßt es sich windgeschützt campieren. Wechselt die Windrichtung, so entsteht die Seifdüne, deren scharfgeschnittener Kamm kurvenförmig verläuft.
Entlang der Dünengebiete trifft man häufig auf ungeahnte Holzvorkommen. Nach kurzem Graben gibt der Sand brennbare Wurzeln frei, die einem den Abend mit einem Lagerfeuer versüßen. Vor der Kulisse des blühenden Rutenginsters im Bereich von El Golea wirkt die Landschaft noch malerischer.

Beängstigen und besänftigen Die Gebirgsformationen sind unterschiedlicher Herkunft. So ist das Hoggarmassiv Resultat vulkanischer Tätigkeit. Basaltdome, schwarzes Lavagestein und die steinbruchartigen Gesteinsformationen wirken fremdartig und angsteinflößend. Eine Hoggarrundfahrt vermittelt wiederum die Vielfalt der Schuttund Geröllberge. Das Tassili n'Ajer im Südosten des Landes hingegen ist mit seinen von der Winderosion gerundeten Sandsteinfelsen lieblich. Hier finden sich Tausende von Felsmalereien und zeugen von einer frühgeschichtlichen Besiedlung dieses Lebensraumes. Zeichnungen von Büffeln und Kamelen beweisen, daß auch dieser Teil einst sehr fruchtbar gewesen sein muß. Eine mehrtägige Wanderung auf das Plateau bei Djanet ist nur mit einem Führer gestattet. Mit viel Glück begegnet man hierbei den Mähnenschafen, die noch vereinzelt in den Labyrinthen auf der Plateauebene leben. Die Granitfelsen lassen das Teffedestmassiv in Zentralalgerien kompakt und unzugänglich aussehen. Expeditionen in dieses unzugängliche und touristisch nicht erschlossene Gebiet sind nur zu Fuß oder mit Eseln möglich. Als einzige Oase vermittelt Mertoutek am Ostrand den Eindruck der Besiedlung in diesem Teil der Sahara.
Episodische Flußläufe finden sich zumeist entlang der Dünengebiete. Besonders reizvoll ist daher eine Fahrt entlang dem SaouraTal im Westen des Landes. Die Dünen des Grand Erg Occidental bilden die perfekte Kulisse für die im Vordergrund befindlichen Oasendörfer. Diese sind wie an einer Schnur entlang des Ergs aufgezogen. Der Fluß und der somit niedrige Grundwasserpegel sind Lebensgrundlage für die Oasenbewohner.
Ein Blick in die vier Himmelsrichtungen zeigt lediglich einen Strich, der den Horizont markiert. Im Einklang mit der Natur richtet man sein Vehikel nach der gewünschten Himmelsrichtung aus und fährt los. Meist fächern die Spurenbündel auf mehrere Dutzend Kilometer auf diesen Ebenen aus. So auf der Tanezrouft gen Mali, die als klassische Kieselebene gilt. Jedoch bietet auch Zentralalgerien Ebenen an, auf welchen man diese Erfahrung machen kann. Wirft man einen Blick auf die IGN-Karten der Aguemourebene zwischen In Salah und Amguid, so erweist sich der Kauf der Karte als kapitale Fehlinvestition. Ein Strich durch das Nichts von Ost nach West, keine Höhenveränderung, keine landschaftlichen Besonderheiten. Aber gerade dies macht diese Landschaftsform interessant.
Zuletzt bleiben noch die schwarzen und lebensfeindlichen Geröllwüsten, Hammadas genannt. Schwere, spitze Steine verschleißen die Reifen der Fahrzeuge bei einer Fahrt über das Plateau Fadnoun im Südosten Algeriens. Die Sonne brennt erbarmungslos auf das schwarze Land, welches die Hitze speichert. Fata Morganas sind auf dem Tademait- Plateau durch diese Luftmassenkonzentration keine Seltenheit und lassen sich durch lange Brennweiten fotografisch gut einfangen.

Ralf Beck

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